Der Spiegel online, 28. Juli 1999
ICH MÖCHTE NICHTS MEHR SEHEN
Interview mit Lou Reed
Christoph Dallach
(Auszug)
kulturSPIEGEL:
Bildet ein Foto eine andere Realität ab?
Reed:
Es zeigt unter Umständen einen neuen Aspekt. Was mir als wunderschön
auffällt, muss Ihnen ja noch lange nicht gefallen. In Irland habe ich
neulich einen Hurrican erlebt. Den wollte ich geniessen, hab' mir ein Seil
geschnappt und mich an die Steilküste gehängt. Keiner wollte mit,
aber ich musste da rauf.
kulturSPIEGEL:
Warum?
Reed:
Natürlich, um das Ganze durch's Objektiv zu betrachten. Fotos waren zweitrangig.
Licht und Linse wirken Wunder. Wenn ich ein Lied komponiere, muss sich erst
eine Tür öffnen. Du brauchst Geduld, um den Schlüssel zu finden,
aber wenn du drinnen bist, ist es wunderbar.
kulturSPIEGEL:
Sind die Bilder gelungen?
Reed:
Sie sind sogar in dieser Ausstellung. Aber ich werde Ihnen nicht sagen, welche.
Sie wissen ja - die Phantasie.
kulturSPIEGEL:
Ihre Fotoarbeiten tragen Namen. Soll das der Phantasie des Betrachters auf
die Sprünge helfen?
Reed:
Nur weil es mir Spass macht, Dinge zu benennen. Ich hätte mich ja auch
für "Bild 1, 2, 3" und so weiter entscheiden können. Das
ist langweilig. Ich spiele gern mit Worten. Ich dichte ja auch die Texte zu
meiner Musik. Das gehört zu meinem Beruf. Ich muss jetzt los. Sie haben
mich noch gar nicht nach meinen Lieblingsfotografen gefragt.
kulturSPIEGEL:
Also?
Reed:
Nan Goldin. Anton Corbijn. Cindy Sherman. Und Gottfied Helnwein. Ich liebe
Gottfried Helnwein.
kulturSPIEGEL:
Warum?
Reed:
Kann ich nicht erklären.
kulturSPIEGEL:
Mögen Sie es, fotografiert zu werden?
Reed:
Ich hasse es. Ich mache den Mist nur mit, um Platten zu verkaufen.
kulturSPIEGEL:
Gefallen Ihnen Ihre Plattencover?
Reed:
Nicht, wenn ich darauf zu sehen bin. Am schlimmsten sind CDs. Es ist vollkommen
sinnlos, sich für so ein Format noch Mühe mit den Fotos zu geben.
Und dann zersplittern diese grässlichen kunststoffdinger auch noch, sobald
man sie nur berührt.
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